Recycling & Elektroschrott
199 Millionen Mobiltelefone liegen in Deutschland ungenutzt herum. Trotz Exportverbot gelangen außerdem immer noch viele elektronische Geräte auf illegalen Wegen nach Afrika oder Asien. Mehr
Alternativen
Wir als Konsument*innen können dazu beitragen, dass die Lieferkette von Smartphones & Co. fairer und nachhaltiger wird. Wie das gehen kann, erfährst du hier.
Politische Forderungen & Kampagnen
Um beim Thema Smartphone & Co. zu Verbesserungen für Umwelt und Menschenrechte zu gelangen, braucht es politischen Willen. Mehr
Rohstoffe
Aus was besteht eigentlich mein Handy?
In einem Mobiltelefon stecken mehr als 60 verschiedene Stoffe, davon rund 30 Metalle, z.B. Gold, Kuper, Silber oder Tantal. Diese wertvollen Rohstoffe werden überwiegend in Schwellen- und Entwicklungsländern in Afrika, Asien und Lateinamerika abgebaut.
Bei der Gewinnung der Rohstoffe kommt es oft zu massiven Menschenrechtsverletzungen und Eingriffen in die Umwelt. Die Folgen für Mensch und Natur sind verheerend:
- Abholzung, Versauerung und Vergiftung von Böden, Verschmutzung von Gewässern
- Zerstörung landwirtschaftlicher Anbauflächen
- Landenteignungen, Umsiedelungen der Bevölkerung
- Gesundheitsrisiken für Arbeiter/innen und Bevölkerung
- Verletzung der Rechte von indigenen Bevölkerungsgruppen
- Kinderarbeit, Zwangsarbeit
- Finanzierung von Bürgerkriegen und gewaltsamen Konflikten
- Kriminalisierung, Verfolgung von Aktivist*innen und Journalist*innen
Eine besondere Herausforderung stellen die sogenannten Konfliktrohstoffe dar, mit denen offiziell vier Rohstoffe bezeichnet werden: Gold und die drei “Ts”: Tantal, Zinn (tin) und Wolfram (tungsten). Der Abbau und Handel dieser Rohstoffe trägt zur Finanzierung bewaffneter Gruppen in Konfliktgebieten bei, schürt oder verlängert gewaltsame Konflikte, die mit schweren Menschenrechtsverletzungen einhergehen. Aber auch bei anderen Rohstoffen gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Abbau und der Entstehung von Konflikten.
Fertigung
Reiche Firmen – Arme Arbeiter*innen
Zwischen 2012 und 2019 wurden fast 15 Milliarden Mobiltelefone weltweit verkauft. Produziert wird der größte Teil davon in Asien, z.B. in China. Die großen Weltmarktfirmen wie Apple, LG, Nokia oder Samsung lassen die Handys und Smartphones dort von sogenannten Kontraktfertigern zusammenbauen. Das weltweit größte Fertigungsunternehmen für Elektronik ist Foxconn, ein Unternehmen mit etwa 1,3 Mio. Beschäftigten.
Diese Fertigungsunternehmen geraten immer wieder aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen:
- Arbeitszeiten von häufig 60 Stunden und mehr pro Woche
- niedrige Löhne
- Zwang zu Überstunden
- Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz
- Mangelnde Sicherheitsstandards
- Schikane durch Vorgesetzte
- Verhinderung von gewerkschaftlichen Engagement
- Untragbare Zustände in den firmeneigenen Massenunterkünften
Nutzung
18 bis 24 Monate
Die durchschnittliche Nutzungsdauer von Handys bzw. Smartphones liegt heute bei gerade einmal 18 bis 24 Monaten, obwohl die meisten Geräte deutlich länger funktionieren würden. Es zählt weniger die Langlebigkeit und Robustheit eines Mobiltelefons, sondern viel mehr die Aktualität und der technische Fortschritt. Mit jeder Vertragsverlängerung kann man sich ein neues Handy subventionieren oder „schenken“ lassen – oft schon Monate vor Vertragsende. Jedes Jahr werden Millionen neue Handys verkauft. 2019 waren es in Deutschland rund 23 Millionen.
Trotz der vielerorts problematischen Folgen für Mensch und Umwelt durch den wachsenden Markt für Mobilfunk, bietet die zunehmende Verbreitung von Mobiltelefonen zugleich auch Entwicklungschancen für Menschen im Globalen Süden. Mobiltelefone verschafft Menschen neuen Zugang zu Zahlungsmöglichkeiten, Gesundheitsdienstleistungen und Zugang zu Informationen und Kommunikationswegen.
Recycling & Elektroschrott
Schatzkiste Handy
Recycling
Viele alte Elektrogeräte landen bei uns im Hausmüll, was verboten ist, oder bleiben jahrelang in Schubladen liegen. Schätzungsweise 199 Millionen alte Handys und Smartphones liegen allein in Deutschland ungenutzt herum und mit ihnen etwa 1.794 Tonnen Kupfer, 761 Tonnen Kobalt, 29,9 Tonnen Silber, 5 Tonnen Gold und 1 Tonne Palladium. Diese Rohstoffe können so nicht weitergenutzt werden. Also, lieber recyceln! Zum Beispiel durch unsere Handy-Sammelaktion.
Elektroschrott
Eigentlich ist alles klar geregelt: Elektroschrott darf die EU nicht verlassen, sondern muss in Europa entsorgt werden. In Wirklichkeit ist es aber oft ganz anders: Illegalerweise gelangen jedes Jahr schätzungsweise 150.000 Tonnen deutscher Elektromüll nach Asien oder Afrika, z.B. nach Ghana. Die dortige Müllhalde Agbogbloshie in der Hauptstadt Accra ist eine der größten Elektroschrottmüllhalden weltweit und zählt zu den zehn verseuchtesten Orten der Welt. Auf der über 1.600 Hektar großen Mülldeponie zertrümmern und verbrennen Kinder, Frauen und Männer Altgeräte aus Europa mit bloßen Händen, um mit den verwertbaren Resten ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dabei gelangen giftige Schwermetalle und andere Schadstoffe in den Boden, die Luft und das Trinkwasser – mit verheerenden Folgen für die Gesundheit der Menschen und die Umwelt.
Alternativen
Tipps für einen nachhaltigen Konsum
RETHINK
Reflektiere dein eigenes Konsumverhalten und überlege, ob du wirklich immer das allerneueste Smartphone brauchst.
REUSE
Benutze dein Smartphone möglichst lange, um Ressourcen zu schonen. Du brauchst ein neues Handy? Es gibt viele Möglichkeiten, auch ein gutes gebrauchtes Gerät zu kaufen.
REPAIR
Pflege und repariere dein Handy bevor du dir ein neues oder gebrauchtes kaufst. Hilfe und Unterstützung bei der Reparatur findest du zum Beispiel in Repair Cafés, bei iFixit oder beim Netzwerk Reparatur-Initiativen.
RECYCLE
Hole deine alten und nicht mehr funktionsfähigen Handys und Smartphones aus der Schublade und führe sie einem geordneten Recycling zu, z.B. durch die Sammelaktionen der Handy-Aktion. Eine Übersicht mit Sammelstellen findest du hier. Wie kannst du selbst eine Sammelaktion durchführen? Hier findest du alle wichtigen Informationen.
REFORM
Setze dich für politische und gesetzliche Rahmenbedingungen für eine nachhaltige und faire Produktion von IT-Geräten und eine global gerechte Rohstoffpolitik ein oder unterstütze Kampagnen, die diese einfordern.
REACT
Schließe dich Initiativen an, die auf die Probleme aufmerksam machen oder organisiere selbst eine Aktion.
Politische Forderungen & Kampagnen
Verantwortung entlang der Lieferkette
Initiative Lieferkettengesetz Die Initiative ist ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften und Kirchen. Die Handy-Aktion Baden-Württemberg gehört zu den offiziellen Unterstützern der Initiative. Die Initiative tritt ein für eine Welt, in der Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden – entlang ihrer gesamten Lieferkette, von der Rohstoffgewinnung bis zum Endkunden, nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland.
Unternehmen, die Schäden an Mensch und Umwelt in ihren Lieferketten verursachen oder in Kauf nehmen, müssen dafür haften. Skrupellose Geschäftspraktiken dürfen nicht länger ohne Konsequenzen bleiben.
Im Juni 2021 verabschiedete der deutsche Bundestag das Lieferkettengesetz in Deutschland, das 2023 in Kraft treten wird. Nun macht sich die Initiative für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz stark.
Mehr
Die Kongo-Kampagne
Die Kongo-Kampagne ist ein Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen mit einem gemeinsam angestrebten Zukunftsbild: Frauen und Kinder im Kongo sollen mit ihren Familien ein selbstbestimmtes Leben in Frieden, ohne Angst oder sexualisierte Gewalt führen können. Als wichtige Schritte auf diesem Weg müssen die Kultur der Straflosigkeit durchbrochen und Menschenrechtsverletzungen als Verbrechen durch unabhängige Gerichte verfolgt werden. Darüber stehen die Bundesrepublik Deutschland und die Europäische Union als Nutznießerinnen kongolesischer Konfliktrohstoffe in der Verantwortung – und auch Verbraucher*innen –, für eine Wirtschaft einzustehen, die im Einklang mit den Menschenrechten steht.
Forderungen des Netzwerks der Handy-Aktionen an die Politik
Um Menschenrechte und die Umwelt zu schützen, braucht es auch politischen Willen. Das Netzwerk der Handy-Aktionen hat daher Forderungen an die Politik formuliert.
Forderung 1: Rohstoffverbrauch senken
- Die Bundesregierung soll Anreize dafür schaffen, dass Menschen ihre Handys und andere Elektrogeräte länger nutzen, reparieren und später dem fachgerechten Recycling zuführen.
Forderung 2: Menschenrechte effektiv schützen
- Die Bundesregierung soll Unternehmen gesetzlich zur Einhaltung der Menschenrechte in ihrer Lieferkette verpflichten und sich auch in der EU und international hierfür einsetzen.
- Die Bundesregierung soll die EU-Regelung zu Konfliktmineralien in Deutschland konsequent umsetzen, sich für eine Erweiterung stark machen und zusammen mit der EU möglichst bald Begleitmaßnahmen für die betroffenen Regionen (z.B. Friedensarbeit) ergreifen.
Forderung 3: Zivilgesellschaft schützen
- Die Bundesregierung soll sich in ihrer Außen- und EU-Politik für den Schutz von Menschenrechtsaktivist*innen in anderen Regionen der Erde stark machen.
- Sie soll in allen Verträgen, die sich auf Rohstoffhandel und Rohstoffpolitik beziehen, den Schutz der Zivilgesellschaft verbindlich einfordern und überwachen.
Forderungen des Runden Tischs Reparatur an die Politik
Der Runde Tisch Reparatur vereint Organisationen aus den Bereichen Handwerk, Umwelt- und Verbraucherschutz, Wissenschaft, Beratung und ehrenamtlicher Reparatur. Gemeinsam mit seinen Partnern setzt er sich auf nationaler und europäischer Ebene für ein universelles Recht auf Reparatur ein – das heißt: Informationen und Ersatzteile für alle und zu angemessenen Preisen, reparierbare Produkte und langfristige Software-Updates. Mehr
Eine gemeinsame Initiative von
