Mobilisierungs-Workshop

Am 10. September startete eine breit getragene Kampagne, die ein Lieferkettengesetz mit verbindlichen Sorgfaltspflichten fordert. Um dieses Anliegen zu unterstützen lädt ein Netzwerk von Organisationen und Initiativen zu einem Mobilisierungs-Workshop am 11.10.2019 in Stuttgart ein.

Initiative für ein Lieferkettengesetz in Baden-Württemberg in die Fläche bringen

Die Erfahrung zeigt: Es reicht nicht, dass sich einige Unternehmen freiwillig um die Achtung der Menschenrechte in ihren Lieferketten bemühen. Es braucht gesetzliche Vorgaben, die von allen Unternehmen umgesetzt werden müssen. Deshalb startete am 10. September 2019 eine breit getragene Kampagne, die ein Lieferkettengesetz mit verbindlichen Sorgfaltspflichten fordert. In Baden-Württemberg hat sich ein Netzwerk von Organisationen und Initiativen gebildet, um dieses Anliegen zu unterstützen. Die Handy-Aktion Baden-Württemberg gehört mit dazu.

Das Netzwerk lädt am Freitag, den 11. Oktober, zwischen 16.30 und 20.30 Uhr zu einem Mobilisierungs-Workshop im Hospitalhof in Stuttgart ein. Dort wird es Hintergrundinformationen zur Kampagne und ihrem Anliegen, Impulse für unterschiedliche Aktionsformen, ein Argumentationstraining und Angebote zu Lobby- und Bildungsarbeit geben. Der Workshop wendet sich an alle, die dazu beitragen möchten, die Kampagne, die bis 2021 laufen wird, in Baden-Württemberg in die Fläche zu bringen und vor Ort gut zu verankern.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos.

Wann?                11. Oktober, 16.30 – 20.30 Uhr

Wo?                     Hospitalhof Stuttgart, Büchsenstraße 33

Programm

  • Ankommen & Begrüßung
  • Grußwort (Claudia Duppel, Geschäftsführerin des DEAB)
  • Die Initiative Lieferkettengesetz (Uwe Kleinert, Werkstatt Ökonomie)
  • Lieferkettenverantwortung aus der Südperspektive – das Beispiel Kongo
    (Cathy Plato, Ndwenga e.V.)
  • Gemeinsam mehr bewegen – Impulse zu Kollektivem Handeln in lokalen Netzwerken (Marieke Kodweiß, EPIZ Reutingen)
  • Workshops
    – Nein, heute haben wir leider keinen Infotisch für Sie.”
    – Aktionstheater
    – Argumente für ein Lieferkettengesetz
    – Politische Lobbyarbeit
    – Methodenworkshop „Fairantwortung in der globalisierten Welt!? Zu komplex für die Bildungsarbeit?”
    – Nach dem Massaker von Marikana: Erfahrungen der Plough back the fruits-Kampagne mit der BASF
  • Abschlussrunde

Weitere Informationen:
Mobilisierungs-Workshop

Anmeldung
Bitte melden Sie sich bis 7. Oktober unter zeb@elk-wue.de zu der Veranstaltung an. Nennen Sie dabei nach Möglichkeit den Workshop, an dem Sie voraussichtlich teilnehmen.

Rückfragen
Uwe Kleinert, Werkstatt Ökonomie,
Telefon 06221 4333611
uwe.kleinert@woek.de

Friedensnobelpreisträger fordert Christen und Kirchen zum Handeln auf

Der Gynäkologe und Friedensnobelpreisträger Dr. Denis Mukwege aus der Demokratischen Republik Kongo berichtet bei seinem Besuch in Tübingen und Stuttgart eindrücklich von seiner Arbeit und seinen Erfahrungen in dem an Bodenschätzen reichsten Land der Welt.

Montag Abend am 24. Juni in Stuttgart. Die Stiftskirche ist voll besetzt. Auf Einladung des Deutschen Instituts für Ärztliche Mission (Difäm), sowie der Kooperationspartner Diakonie Württemberg mit Brot für die Welt, missio, der Handy-Aktion Baden-Württemberg und anderer Organisationen wird Dr. Denis Mukwege mit herzlichem und langanhaltendem Beifall empfangen. Der Gynäkologe und Friedensnobelpreisträger aus der Demokratischen Republik Kongo berichtet eindrücklich von seiner Arbeit und seinen Erfahrungen in dem an Bodenschätzen reichsten Land der Welt. Brutale und „entmenschlichte Gewalt“ traumatisiere ganze Familien, die Gewalt gegen Frauen sei an der Tagesordnung. In den letzten 20 Jahren hat Mukwege mehr als 50.000 Frauen, die unter dieser Gewalt leiden, behandelt. Dies sei nur die Spitze des Eisbergs. Viele Frauen sind gar nicht in das Panzi-Hospital in Bukavu gekommen, auch aus Angst vor Stigmatisierung. Das Ziel der lokalen Milizen sei es, dass alle traumatisiert werden und so die Erze Coltan und Kobalt billiger abgebaut werden können. Coltan werde in einer Gegend gefördert, in der die Würde der Frauen als „Schlachtfeld“ genutzt werde. Die Erze, notwendig auch für die Produktion von Laptops, Mobiltelefone und zunehmend für Autobatterien, werden in der zentralafrikanischen Republik illegal durch eine Mafia gefördert. Und der Staat lässt dies zu.

Drama seit 20 Jahren

Seit 20 Jahren findet im Kongo dieses Drama statt. Man rechnet mit 6 Millionen Toten und 4 Millionen Binnenflüchtlingen. Sie haben keine Zelte, nichts. Im Jahr 2010 haben die Vereinten Nationen einen „Mapping Bericht“ veröffentlicht, der die Grausamkeiten bis ins Detail auflistet, 617 Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder sogar Genozid. Dazu gab es auch Empfehlungen, beispielsweise, dass die internationale Gerichtsbarkeit die Verbrechen untersucht. Geschehen ist bisher jedoch nichts. Die Gewalt gegen Frauen und Kinder geht weiter. „Letzte Woche sind 300.000 Menschen obdachlos geworden. Es ist wichtig, dass die Wahrheit ans Licht kommt, denn Frieden ohne Wahrheit ist nicht möglich. Sie ist wichtig, um die Justiz zu stärken. Dieser Prozess hilft, dass die Täter die Opfer um Verzeihung bitten können“, sagt Mukwege zu den Besuchern in Stuttgart, wie zuvor bereits auf dem Kirchentag in Dortmund und bei einer Veranstaltung in Tübingen. „Erheben Sie ihre Stimme, damit diese Regierenden so nicht mehr handeln können. Sie haben diese Macht!“, appelliert er an die Stuttgarter Zuhörer.

Resolution und Unterschriftsammlung

Die Reaktionen auf dem Kirchentag in Dortmund bewegen Denis Mukwege und das Difäm dazu, seine Forderungen niederzuschreiben und eine Resolution auf den Weg zu bringen. Darin wird die Bundesregierung und die Kommission aufgefordert, dass der „Mapping Bericht“ der UN von 2010 wieder in den zuständigen UN-Gremien behandelt wird, Opfer zu Wort kommen und die in dem Bericht beschriebenen Empfehlungen zeitnah umgesetzt werden. Dazu soll ein international anerkanntes und unabhängiges Justizverfahren eingeführt werden, das Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verfolgt. Nur wenn die Wahrheit ans Licht komme, könne Gerechtigkeit entstehen. Erst dann habe das Land eine Chance, Frieden zu erlangen, denn „vollständige Heilung geschieht erst dann, wenn Menschen auch Gerechtigkeit erfahren“, so der Nobelpreisträger. Dabei setzt der kongolesische Arzt, der aus seinem starken christlichen Glaube heraus handelt, auf die Kraft der Solidarität und Brüderlichkeit. „Die Kirche ist wichtig und spielt eine entscheidende Rolle. Sie muss dem Staat sagen, was nicht funktioniert. Als Verbraucher und als Christen haben Sie eine wichtige Rolle. Sie können Einfluss nehmen auf die Unternehmen, die diese Erze verarbeiten. Initiieren Sie eine Bewegung, die darauf zielt, dass die Unternehmen so produzieren, dass die Geräte unter sauberen Bedingungen produziert und die Menschenrechte respektiert werden. Es ist eine Gefahr für uns alle, denn junge Leute sind wütend, wenn sie sehen, dass andere Gewinne mit den von ihnen gewonnenen Erzen machen. Den Preis bezahlen dann alle“, sagt der Menschenrechtler am Ende der Veranstaltung. Ein Boykott von Rohstoffen aus dem Kongo wäre jedoch der falsche Weg. „Ich bin überzeugt, dass deutsche Unternehmen im Kongo Coltan und Kobalt unter guten Arbeitsbedingungen abbauen könnten.“

Veränderungen sind möglich

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat nach Medienberichten bei einem Gespräch am vergangenen Montag Vormittag in Stuttgart das Engagement des kongolesischen Friedensnobelpreisträgers hervorgehoben und weitere Hilfe seines Bundeslandes zugesagt. „Dr. Mukwege führt einen mutigen Kampf gegen sexualisierte Kriegsgewalt“, sagte Kretschmann nach dem Treffen vor der Presse. Die Landesregierung werde sich auch weiterhin mit Nachdruck einsetzen für Frauen, die unter den Folgen von Krieg litten. Auch bei Landesbischof Frank Otfried July kommt die Botschaft des Sohns eines protestantischen Pastors an. „Wir werden nochmals an uns selbst prüfen, wo wir noch stärker auch mit Unternehmen unseres Landes sprechen müssen. Wir sind aufgefordert, den globalen Blick nicht zu verlieren und diesen auch zu erneuern“, sagt er bei seinem Schlusswort in der Stuttgarter Stiftskirche. Denis Mukwege zeige deutlich, dass Veränderungen möglich sind. „Diese Welt hat es verdient, dass wir uns als Kinder Gottes für die Schwachen und die Opfer von Gewalt einsetzen und die Frauen und Kinder im Kongo mit unseren Gaben unterstützen, aber vor allem auch mit unseren Möglichkeiten der politischen Willensbildung und der gesellschaftlichen Intervention.“ Dr. Gisela Schneider, Direktorin des Difäm in Tübingen, appelliert daran, aktiv zu werden. Es müsse sich jetzt etwas ändern, dass die Gewalt nicht weitergeht. Dabei sind keine Sonntagsreden gefragt, sondern konkretes Handeln. „Wir möchten Denis Mukwege dabei unterstützen, unbequem zu sein und aufzustehen. Manchmal begibt man sich dabei so wie er auch in Gefahr und es wird ungemütlich.“ Das Ziel sei, dass Unternehmen transparent und fair produzieren. Der erste Schritt sei, dass die jetzt vorgelegte Resolution von vielen mitgetragen wird. Die Handy-Aktion Baden-Württemberg setzt sich auch für einen fairen Einkauf von Rohstoffen und die Verbesserung der Produktionsbedingungen ein. Durch Bildungsarbeit zu ethischen Fragestellungen entlang der Wertschöpfungs- und Nutzungskette der Mobiltelefone trägt diese Initiative zu einem konsumkritischen Bewusstsein bei.

Eberhard Fuhr
Pressesprecher des EJW, Mitglied in der Steuerungsgruppe der Handy-Aktion Baden-Württemberg

Online-Petition

Mit dieser Resolution unterstützen Sie die Forderungen des Friedensnobelpreisträgers Dr. Denis Mukwege. Er hat die Forderungen auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag im Juni 2019 formuliert und uns alle aufgerufen, sie zu unterschreiben:

>> Online-Petition Dr. Denis Mukwege

Weitere Informationen:

Gesetzlicher Rahmen gefordert

Die Initiative ist ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen, Gewerkschaften und Kirchen. Die Handy-Aktion Baden-Württemberg gehört zu den offiziellen Unterstützern der Initiative.

Die Initiative tritt ein für eine Welt, in der Unternehmen Menschenrechte achten und Umweltzerstörung vermeiden – entlang ihrer gesamten Lieferkette, von der Rohstoffgewinnung bis zum Endkunden, nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland. Erschreckende Berichte über brennende Fabriken, ausbeuterische Kinderarbeit oder zerstörte Regenwälder zeigen immer wieder: Freiwillig kommen viele Unternehmen ihrer Verantwortung nicht ausreichend nach.

Daher fordert die Initiative ein Lieferkettengesetz in Deutschland! Unternehmen, die Schäden an Mensch und Umwelt in ihren Lieferketten verursachen oder in Kauf nehmen, müssen dafür haften. Skrupellose Geschäftspraktiken dürfen nicht länger ohne Konsequenzen bleiben.

Weitere Informationen sowie eine Petition zum Unterschreiben finden Sie unter www.lieferkettengesetz.de